Analoge Video-Signale
Jahrzehntelang waren analoge Bildverarbeitungssysteme am Markt etabliert, die erst Anfang bis Mitte der 2000er nach und nach von modernen Kameras mit Firewire-, USB- oder GigaBit-Ethernet-Schnittstellen verdrängt wurden.
Vorteile von analogen Video-Signalen und BV-Komponenten waren ursprünglich:
- Extrem großes Angebot an verfügbarer Hardware
- Ausgereifte Technologie, vom Endkunden akzeptiert und Langzeit-verfügbar
- Einfache Möglichkeit absolut synchroner Bildaufnahme mehrerer Kameras durch den Einsatz von Frame Grabber-Karten mit mehreren A/D-Wandlern onboard
- Videodaten werden nicht über einen Systembus geschickt, sondern mittels eines Protokolls an eine Frame Grabber-Karte. Dies garantiert eine hohe Datensicherheit und Echtzeitfähigkeit.
- Lange Signalleitungen >10m sind kein Problem
- Verrastbare Stecker und Kabel, schleppkettentaugliche und robotertaugliche Kabel sind verfügbar
(Ein Hauptproblem der USB- und 1394a-Schnittstelle sind die kurzen Kabellängen, die mit 5-10m ohne Einsatz von Repeatern in vielen Anwendungsfällen einfach zu kurz sind. Erst Gigabit Ethernet brachte hier jedoch einen großen Fortschritt.)
Analoge Video-Standards RS 170/CCIR, NTSC und PAL
Analoge Bildübertragung kann nach Videostandards oder auch undefinierten Standards erfolgen. Industriekameras mit Standardauflösung und Standardbildwiederholraten arbeiten nach verschiedenen Standards. Die aus der Fernsehtechnik stammenden üblichen Formate sind RS 170 mit 630x480 Pixel und das in Europa gebräuchliche CCIR mit 768x 572 Pixeln.
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Beide Standards beschreiben die Übertragung, Signalpegel und Timings von monochromen Bilddaten ("schwarzweiß-Fernsehen") im Interlaced-Verfahren. Zur Reduzierung der Bandbreite wurde sich dort mit einem Trick beholfen. Im ersten Halbbild werden dabei nur die ungeraden, im nächsten Bild die geraden Bildzeilen übertragen. Aufgrund des phosphoreszierenden Nachleuchtens der Bildschirmröhren reichte dies aus, um eine ausreichende Qualität zu erreichen. Die Verwendung von Interlaced-Kameras kann bei der Aufnahme von bewegten Objekten jedoch zu starken Bildstörungen führen.
Die Weiterentwicklung der Fernsehtechnik brachte bald eine Erweiterung der bisherigen Standards mit Farbinformationen. Aus Gründen der Kompatibilität wird hierbei die Farbinformation im Monochromsignal als Farbdifferenzsignal mit übertragen, das später in RGB-Information demoduliert werden kann. RS 170 wurde so zu NTSC, CCIR zu PAL erweitert.
Zur Bildübertragung kann hier mit einem einfachen Koaxialkabel mit BNC-Stecker gearbeitet werden, bei dem das komplette Videosignal mit seinen Bilddaten und seinen horizontalen, wie vertikalen Sync-Signalen übertragen wird. Die Kameras werden im sogenannten PLL (phase-looked-loop)-Modus betrieben: der Frame Grabber detektiert anhand der Sync-Signale den Videotakt der Kamera und kann dann die Bilder korrekt digitalisieren. Da die Kameras dazu frei laufend und ungetriggert arbeiten, muss bei Bildanforderung der Software gewartet werden, bis das alte Bild zu Ende ausgelesen ist und ein neues Bild aufgenommen und übertragen wird. Eine getriggerte, echtzeitfähige Kameraquisition ist mit Koaxialkabeln nicht realisierbar. Die Kabellängen mit BNC-Kabeln verzichten auf digitale Sync-Signale und können dafür im Gegenzug mühelos 100m oder länger sein. Wie nicht-standardisierte Video-Signale können auch diese Signale "intelligenter" mittels Hirose-Kabel (siehe nächster Abschnitt) übertragen werden.
Ein weiterer Standard ist SVHS, der erst im Jahr 1987 eingeführt wurde. Hier findet bei der Übertragung eine Trennung von Helligkeits- und Farbsignal statt.
Nicht-standardisierte Videosignale
Für viele Anwendungsfälle reichen die oben in der Tabelle gezeigten Auflösungen und Bildwiederholraten nicht aus. Besonders wichtig ist für industrielle Bildverarbeitungsapplikationen, dass auch Teile in Bewegung aufgenommen werden müssen, ohne dass störende Bildstreifen entstehen:
Viele professionelle analoge Kameras übertragen deswegen ihre Signale
- nicht-standardkonform im Vollbildverfahren (progressive scan) mit höheren Frameraten mit Auflösungen von 640 x 480 Pixeln bis etwa 1600 x 1200 Pixeln
- nicht mit BNC-Kabeln, sondern Hirose-Kabeln, bei denen zusätzliche Synchronisations-Signale mit gesendet werden können.
Zur besseren Synchronisation können neben dem eigentlichen Videosignal auf zusätzlichen Datenleitungen horizontale und vertikale Syncs, sowie ein Pixelclock an den Frame Grabber übertragen werden, damit dieser das Bild besser digitalisieren kann. Besonders die Bildsynchronisation mehrerer Kameras an einem Frame Grabber lässt sich darüber wesentlich besser gewährleisten und ist ein großes Plus gegenüber anderen digitalen Schnittstellen, wie USB oder FireWire. Allerdings können beim Übertragen der Zusatzsignale keine extrem langen Kabellängen mehr realisiert werden, ab 10m kann es hier zu Schwierigkeiten kommen.
Als Steckverbinder hat sich dazu ein 12poliger Rundpolstecker der Fa. "Hirose" durchgesetzt, der sehr kompakt von der Bauform und verrastbar ist. Im Hirosekabel ist heute üblicherweise auch die Spannungsversorgung mit integriert, so dass die Kameras mit einem einzigen Kabel betrieben werden können. Die Pinbelegung des Hirosekabels kann von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich sein. Mit dem EIA-J-Standard von Sony hat sich in den letzten Jahren eine einheitliche Pinbelegung für Spannungsversorgung, Videosignal und Steuerleitungen durchgesetzt, so dass hier eine Vereinfachung für den Anwender auftritt und Beschädigungen an der Kamera vermieden werden können.
Analoge Industriekameras arbeiten meist mit einer Bandbreite von 10 bis 30 MHz. Analoge Videosignale können durchaus auch hohe Datenraten bieten: Im Extremfall ist auch eine Bandbreite von 200 MHz als RGB-Signal digitalisierbar, die entspricht einer Datenmenge von 600 MByte/s. Diese kann jedoch nicht über besonders lange Strecken transportiert werden und muss möglichst direkt an der analogen Signalquelle (z.B. medizinische Geräte etc.) abgegriffen werden.
Nachteile von analoger Videotechnik
- Es wird immer Zusatzhardware in Form von Frame Grabber-Karten benötigt, die nur Anschlussbuchsen für 1 bis maximal 4 oder 8 Kameras bieten. Für Zugriff auf noch mehr Kameras müssen mehrere Frame Grabber oder Multiplexer (Umschalter) eingesetzt werden.
- Frame Grabber-Karten und hochwertige Hirosekabel verursachen signifikante Zusatzkosten.
- Es werden keine Digitalsignale gesendet, der Frame Grabber muss aus dem analogen Videosignal digitale Werte rekonstruieren. Ohne die Übertragung von horizontalen & vertikalen Syncs und des Pixelclock-Signals muss mit einem Jitter von mindestens 0,2 Pixel Ungenauigkeit gerechnet werden.
- Die Kameras sind nicht automatisch detektierbar und konfigurierbar. Jede industrielle Analogkamera muss über Dipswitche oder mit Hilfe der seriellen Schnittstelle individuell konfiguriert werden. Die Möglichkeiten sind dabei nicht standardisiert.
- Kameras, die über die analogen Standards (Vollbild, höhere Auflösung) hinausgehen, brauchen individuelle Konfigurationsdateien zur Beschreibung des Videotimings. Die Möglichkeiten der verschiedenen Kameras sind dabei nicht standardisiert.
Fazit:
Jahrzehntelang war die analoge Schnittstelle die meistgenutzte Art, Bilder zu übertragen. Der Einsatz eines Frame Grabbers verspricht hohe Datensicherheit und ermöglicht sehr einfach eine synchrone Bilderfassung bei mehreren Kameras. Digitale Schnittstellen bieten jedoch neben einer verlustfreier Bildübertragung weitere wichtige Funktionalitäten und Konfigurationsmöglichkeiten der Kamera direkt aus der Software heraus, so dass diese Technologie nahezu komplett durch Kameras mit digitalen Schnittstellenersetzt worden ist.